AM64 – Brief an Walter Gropius
Neuilly-sur-Seine, Mittwoch, 26. April 1911 [= Poststempel]


Sanatorium

Dr [!]

Avenue de Roule 50

Neuilly-Paris

Ich bitte Dich[,] schreibe mir:

Frau

— — — —

Ich komme nicht in die Stadt, weil ich nicht von Bett


weggehe. – Ich durchlebe Furchtbares. Ein solcher edler Mensch wird hingestreckt und muss langsam und elend verkommen[.] – Es geschieht alles für ihn. Wir haben die allerersten Aerzte – er wird mit Serum behandelt – es


gibt die Möglichkeit eines Aufkommens. Das ist alles. –

Schreib mir[,] – und gib mir Trost mit Deinen warmen – weichen, lieben Händen. –

Du kannst es – wenn’s Dir darnach um’s Herz

ist. —

und ich leben im Krankenzimmer. Ich ahne nur noch, dass es eine Welt mit einem Frühling gibt. –

Bist du noch . . . . ?


Apparat

Überlieferung

, , , .

Quellenbeschreibung

1 DBl. (4 b. S.) – Briefpapier Aufdruck: „ÉLYSÉE PALACE HÔTEL | [. . .] PARIS [. . .]“ ().

Beilagen

Umschlag, , Germany | Berlin W | Nicolsburgerplatz 4. G. IV | Herrn Walter Gropius; PSt.: NEUILLY S/ SEINE | SEINE | 15 15 | 2[6] – 4 | 11; von WG mit einer 19. (Zur Nummerierung von Alma Mahlers Briefumschlägen) sowie dem Empfangsdatum 28 Apr. versehen; rückseitig: Aufdruck: „HOTEL SAVOY | [. . .] NEW YORK“.

Druck

, S. 111 (Auszug, irrtümliche Verknüpfung mit partieller Inhaltsangabe von AM63), , S. 1255, bei Anm. 105 sowie S. 1256, bei Anm. 109 (Auszüge in engl. Übersetzung).

Korrespondenzstellen

Beantwortet durch WG132 vom 29. oder 30. April 1911 (Was müsst ihr leiden […] Die jähen Gefühle des Vorsommers sind aus ihrem Winterschlaf erwacht): Mama und ich leben im Krankenzimmer. Ich ahne nur noch, dass es eine Welt mit einem Frühling gibt. – Bist du noch . . . . ? und WG133 vom 3. bis 7. Mai 1911 (Fr Moll Grüße? letzte Briefe AM 50 abgeholt?): Ich bitte Dich[,] schreibe mir: Frau Anna Moll […] Mama und ich leben im Krankenzimmer.

Datierung

Poststempel: April 1911, 15.15 Uhr, schwer lesbare zweite Ziffer des Poststempeltages, lesbar als „5“, jedoch eher als „6“ oder „8“.

Absendedatum: „28 Apr. 1911“ (, S. 1255, Anm. 105), „25 Apr.“ (, S. 1256, Anm. 109, kollidiert mit angeblichem Schreibdatum des dortigen Auszugs: „Probably a few days after [!] death“, S. 1255).

Schreibdatum: „30. April und am 1. Mai“ (, S. 111, irrtümliche Zuordnung des dortigen Auszugs zu AM65), „30 April“ (, S. 1255, irrtümliche Zuordnung des dortigen Auszugs zu AM65).

Zur schwer lesbaren zweiten Tagesziffer vgl. die rasche Postlaufzeit weiterer Briefe aus Neuilly-sur-Seine: AM65, abgestempelt am 3. Mai 1911, 8.55 Uhr, wurde laut WGs Vermerk noch am selben Tag empfangen, AM66, abgestempelt am 9. Mai, 15.15 Uhr dagegen erst am darauffolgenden Tag. Den vorliegenden Brief AM64 hat die Post ebenfalls erst nachmittags, um 15.15 Uhr, abgestempelt. Daher liegt die Vermutung nahe, dass er (mindestens) einen Tag vor Empfang (28. April) abgesendet wurde. Da die Tagesziffer jedenfalls keine „7“ zeigt und von einer Postlaufzeit von höchstens zwei Tagen ausgegangen wird, dürfte auf dem Poststempel das folgende Datum zu lesen sein: 26. April 1911.

Themenkommentar

Übertragung/Mitarbeit


(Bettina Schuster)
(Fabian Müller)


A

Dr Defout – eigentlich . Am 20. April war der Bakteriologe aus seinem Urlaub ins Élysée Palace Hôtel zu einer ersten Untersuchung gekommen und hatte für den darauffolgenden Tag eine Übersiedlung angeordnet: nicht etwa in das von irrtümlich erinnerte „Sanatorium Dr. Duprès in der rue Dupont“ (, S. 247), sondern nach Neuilly-sur-Seine in das ca. zwei Kilometer westlich vom Hotel gelegene Privatsanatorium Defaut, um dort die bereits in New York begonnene Serumtherapie an fortzuführen ( und , jeweils S. 9; s. auch , S. 1629).

B

Mama war bereits am 25. März 1911 in Liverpool auf den Schnelldampfer RMS Mauretania gestiegen und am 31. März in New York eingetroffen (, Ship Manifest, Frames 0332 und 0333).